In welchem Verhältnis stehen Nutzen und Schaden von Impfungen zueinander?

Impfungen gibt es schon sehr lange. Sie sind – das wird Sie vielleicht beruhigen – keine „Erfindung der Pharmaindustrie“, sondern wurden vor langer Zeit von wahren Pionieren der Medizin entwickelt, die bereits vor über 200 Jahren lebensgefährliche Infektionskrankheiten bekämpfen wollten. Edward Jenner entdeckte 1796 als Erster, dass er mit Sekret von Kuhpocken Menschen gegen Pockeninfektionen schützen konnte. Daraus entwickelten er und viele andere Wissenschaftler das Prinzip der Impfung, das hunderte Millionen Menschen vor dem Tod und den Folgen von impfpräventablen Erkrankungen bewahrt hat. Die Impfung gilt generell als die erfolgreichste medizinische Methode überhaupt. Nicht nur das, sie ist wohl auch die am besten erforschte Methode; zu keiner anderen medizinischen Maßnahme existieren mehr Daten als zu Impfungen.

Der Grundgedanke der Impfung ist eigentlich ganz einfach und das wird im Film auch durchaus richtig dargestellt: Unser Immunsystem kann schneller und gezielter reagieren, wenn es einen Krankheitserreger oder einen abzuwehrenden anderen Stoff bereits kennt. So wie ein Boxer Schläge besser pariert, wenn er dies vorher bereits mit einem Partner geübt hat. Der „Sparringspartner“ unseres Immunsystems ist die Impfung. Durch sie kämpft unser Immunsystem quasi mit einem Erreger oder einem Giftstoff, der aber – genau wie beim Boxen mit dem Trainingspartner – nicht hart „zuschlägt“, weil er vorher für die Impfung gezielt abgeschwächt wurde. So ist man für den echten Kampf besser gerüstet.

Natürlich kann es – wie beim Boxtraining auch – zu ungewollten Auswirkungen kommen. Hier stellt der Film die Relationen aber auf subtile Weise falsch und verzerrt dar. Wie blaue Flecke im Training, so können lokale Reaktionen an der Einstichstelle, leichtes Fieber und Abgeschlagenheit als Zeichen der Immunantwort auftreten. In aller Regel verschwinden diese harmlosen Beschwerden innerhalb von ein paar Stunden bis Tagen. Man spricht von einer Impfreaktion. Von einer Impfkomplikation sprechen Experten, wenn heftigere Nebenwirkungen auftreten. Dies passiert sehr selten und ist beim Gesundheitsamt meldepflichtig. Von dort aus werden diese Meldungen dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) weitergeleitet, das für die Sicherheitsüberwachung von Impfungen und ihren Nebenwirkungen zuständig ist. Im schlimmsten Fall kann auch ein Impfschaden entstehen, womit eine „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung“ gemeint ist. Das tritt zum Glück sehr, sehr selten auf und steht in keinem Verhältnis zum nachgewiesenen Nutzen von Impfungen.

Da es nach der früheren Pockenimpfung tatsächlich auch mal schwere Impfschäden gab, hat man es so eingerichtet, dass der Staat für Impfungen und ihre Schäden haftet und dass im Zweifelsfall zu Gunsten des Erkrankten entschieden und entschädigt wird. Und dies sogar dann, wenn sich eigentlich nachweisen lässt, dass eine Vorerkrankung und nicht etwa die Impfung zu Komplikationen geführt hat – und ohne dass der Staat eine Impfpflicht vorgeschrieben hat. Das Paul-Ehrlich-Institut führt eine öffentlich zugängliche Liste über Verdachtsfälle von Impfkomplikationen (hier: UAW-Datenbank). Es gibt auch noch weitere Veröffentlichungen. 2002 erschien im Bundesgesundheitsblatt ein Artikel, in dem die anerkannten Impfschäden von 1990-99 ausgewertet wurden, er steht hier auf den Seiten des RKI zum Download zur Verfügung. Im Nationalen Impfplan gibt es eine solche Auswertung für 2005-2009 (siehe untenstehenden Link zum RKI und von dort weiterführende Links).

Im Film bekommt man den Eindruck, dass das alles nicht so wirklich sicher sei und auch nicht so genau untersucht werde. Oder dass bei den Untersuchungen dazu sogar betrogen wurde. Dafür gibt es allerdings entweder keine Belege oder die Vorwürfe konnten schlüssig ausgeräumt werden (siehe auch Unterpunkt Hexavac hier in der Frageliste). Die im Film vor allem von der Mutter geschürte Angst vor tatsächlichen oder „unterdrückten“ Impfschäden ist nicht nur stark übertrieben, sondern im Hinblick auf die umfangreiche Impfüberwachung durchaus ungerechtfertigt.

So eine diffuse Angst sollte Sie keinesfalls davon abhalten, Ihr Kind impfen zu lassen. Wer sich impfen lässt, zeigt Verantwortungsgefühl – für sich und andere.

Mehr Infos finden Sie auch beim RKI (hier) und beim PEI (hier).

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