Angesichts der aktuellen Corona-Krise haben sich viele Prioritäten verändert. Erstmals seit langer Zeit kommt eine Stimmung in der Bevölkerung auf, die eine Impfung – gegen das SARS-CoV2-Virus – geradezu herbeisehnt. Mehrere Generationen haben inzwischen so etwas noch nicht erlebt. Viele impfskeptische Stimmen sind derzeit verstummt, andere aber sogar lauter und nachdrücklicher geworden. Wer die Gefährlichkeit impfpräventabler Krankheiten ohnehin leugnet und dazu Viren und Bakterien als Krankheitsverursacher nicht für existent hält, ist offensichtlich buchstäblich durch Nichts zu erschüttern.


Leider ist es aber so, dass viele Äußerungen mit solchen Hintergründen in den Sozialen Medien teils sogar zugespitzt gehandelt werden. Verunsicherung ist das Geringste, was dies nach sich zieht. Gefährlich ist das Schüren von Angst und Panik und auch noch die Konstruktion von Verschwörungstheorien, die die berechtigte Sorge der Zivilgesellschaft vor Schäden an unserer freiheitlichen Grundordnung zu Weltverschwörungstheorien von Eliten hochstilisiert.

Dem sollen, ja müssen wir Besonnenheit und Gelassenheit entgegensetzen – und auch aushalten, dass wir derzeit so wenig wissen, wissen können.

In diesem Sinne nachstehend der Versuch einer Positionsbestimmung von Dr. Jan Oude-Aost.

Von den Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens im Rahmen der Corona-Pandemie spüre ich selbst im Moment wenig. Ich kann meine Arbeit nicht vom Home Office erledigen und fahre so jeden Tag weiterhin zur Arbeit – und wenn ich unter der Woche nach Hause komme, habe ich ohnehin nicht ausreichend Zeit und Lust, noch viel mehr als einen kurzen Einkauf zu unternehmen. Einzig dem jüngsten Menschen in unserer Wohnung ist ein stärker ausgeprägter Bewegungsdrang anzumerken, welchen wir kausal mit den geschlossenen Spielplätzen in Zusammenhang bringen. Die Auswirkungen der Maßnahmen sehe ich natürlich dennoch, genieße jedoch vor allem den deutlich entspannteren Weg zur Arbeit.

Angst ist mir aktuell fern, ich bin eher fasziniert und gespannt, wie sich die Situation entwickelt. Und doch mache ich mir immer wieder Sorgen, ob die Entscheidungen, die aktuell getroffen werden, die richtigen sind. Mir fehlen jedoch Sachkenntnis und Expertise, diese Entscheidung in die eine oder andere Richtung wirklich zu bewerten. Ich möchte weder, dass zehntausende Menschen vorzeitig sterben noch dass unsere Demokratie auf Dauer eingeschränkt oder gar geschädigt wird. Das erste Szenarium halte ich persönlich aktuell für wahrscheinlicher als das zweite. Das liegt vermutlich daran, dass ich das Verhalten von Menschen besser einschätzen kann als den Verlauf einer Pandemie. Menschen haben in der Regel Schwierigkeiten mit der Einschätzung von exponentiellen Prozessen.

Heute habe ich einen Text von Martin Hirte zur aktuellen Situation um Corona gelesen, den ich exemplarisch finde: für eine angstgeleitete Reaktion, die genauso wenig hilfreich ist, wie Panik vor Covid-19. Ohne die Sorge um die Einschränkung demokratischer Grundrechte kleinreden zu wollen, finde ich das Ausmaß an Kritik an den aktuellen Maßnahmen nicht nur übertrieben, sondern teilweise zu uninformiert und noch weniger zielführend.

Es mag sein, dass die Maßnahmen in Deutschland nicht der Situation angemessen (man könnte „übertrieben“ sagen) sind, es mag sein, dass die Sterblichkeit an Covid-19 geringer ist als wir befürchten und es ist eine Tatsache, dass in anderen europäischen Staaten die Krise von autoritären Kräften genutzt wird, um die eigene Macht zu zementieren. Ob die Maßnahmen angemessen sind und wie hoch die Sterblichkeit ist, wissen wir nicht. Keiner, nicht Herr Wodarg, nicht Herr Hirte, nicht Herr Drosten. Herr Drosten ist demütig genug, um diese Unsicherheit zuzugeben. Mit dieser Unsicherheit müssen PolitikerInnen umgehen und sie als Grundlage für ihre Entscheidung nehmen. Ich möchte diese Entscheidung nicht treffen müssen. Und egal wie es ausgeht, wird die Entscheidung kritisiert werden. Wenn es weniger schlimm wird als befürchtet, waren alle „in Panik“ und „vollkommen hysterisch“. Wenn es zu einer Katastrophe kommt, wird gefragt, warum nicht mehr getan wurde und wie es dazu gekommen sei.

Im Moment ist wahrlich nicht der Zeitpunkt für neunmalkluge Einlassungen mit herausgepickten Studien und Expertenaussagen, die die eigene Meinung unterstützen und damit eine Angst zu schüren, die weniger eine objektivierbare Grundlage hat als die der realistischen Möglichkeit, die eigene Oma könne bald einer Triage unterworfen sein.

Die Systeme, die jetzt greifen, sind fraglos demokratisch legitimiert. Aktuell sollten wir Ruhe bewahren und die Entwicklung der Lage aufmerksam beobachten. Sowohl die der epidemiologischen als auch die der demokratischen.

Wenn wir das als Gesellschaft hinter uns gebracht haben und wissen, was letztlich dabei herausgekommen ist, nicht nur hier sondern auch in anderen Staaten (was passiert, wenn man zu spät Gegenmaßnahmen ergreift, ist aktuell unter anderem in den USA zu verfolgen), wenn wir verlässlichere Daten haben, haben wir eine Diskussionsgrundlage und können entscheiden, ob die Maßnahmen übertrieben waren oder eher angemessen.

Bis das so weit ist, Keep calm and #stayhome!

 


Die GWUP stellt auf ihrer Homepage eine besondere Seite für Informationen rund um die Corona-Krise zur Verfügung – zu Mythen, Zahlen, Grafiken und mehr, auf dem GWUP-Blog zu Verschwörungstheorien und FakeNews: https://www.gwup.org/coronavirus
Auf den Unterseiten gibt es ständig aktualierte Infos zu “Mythen A-Z” sowie “Zahlen und Grafiken zu Covid-19“, letztere ebenfalls laufend aktuell und interaktiv.

Ebenfalls auf der GWUP-Seite ist ein Meldeformular für Hinweise sowie für vermutete Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz eingerichtet, die der Deutsche Konsumentenbund sichten und ggf. verfolgen wird: https://www.gwup.org/coronavirus/meldung-an-gwup

Der Deutsche Konsumentenbund zur aktuellen Situation in der Corona-Krise: https://www.konsumentenbund.de/index/allgemein/in-der-corona-krise-bleibt-zu-hause-und-vernuenftig/


Bleiben Sie besonnen und vor allem gesund!


Bildnachweis: Gerd Altmann auf Pixabay

 

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