Tot- und Lebendimpfstoffe und die Forschung von Dr. Aaby

Ein langer Abschnitt im Film ist dem Anthropologen (nicht Arzt) Dr. Peter Aaby und seiner Hypothese gewidmet, Totimpfstoffe seien nachteilig gegenüber Lebendimpfstoffen. Warum im Film gerade dieser Einzelhypothese Aabys mehr vertraut wird als allen anderen, bleibt allerdings völlig unklar. Aaby selbst ist sicherlich kein Impfgegner, allerdings meint er, in Afrika festgestellt zu haben, dass nicht die einzelne Impfung gegen die einzelne Erkrankung am meisten nützt, sondern dass Lebendimpfstoffe das Immunsystem generell trainieren und kräftigen. Dadurch würde sich dann die Überlebensrate insgesamt verbessern und die Kinder hätten weniger andere Infekte, wie Durchfall- oder Atemwegserkrankungen.
Keinesfalls lehnen wir Aabys Forschung rundheraus ab. Offene Fragen gehören zur Wissenschaft dazu und werden geklärt, aber die Forschung ist in diesem Fall sehr umstritten. Auch ist völlig unklar, inwieweit sich seine Forschungsergebnisse aus Afrika auf Europa und speziell Deutschland übertragen lassen. Aaby bezieht seine Studien selbst ausdrücklich auf Länder mit einer ausgesprochen hohen Kindersterblichkeit. Daran arbeitet nicht nur das Forscherteam rund um Aaby weiter. Und: All dies wird auch innerhalb der World Health Organization (WHO) bereits seit längerem diskutiert. Beobachtungsstudien, die eine Schwächung des Immunsystems durch den Totimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten beschreiben, werden von der WHO aufgrund von Fehlern in den Studien angezweifelt. Die WHO hat ausdrücklich entschieden, dass auf diesen Grundlagen eine Änderung ihrer Impfempfehlungen weder begründet noch notwendig sei. Dort trägt man sich aber auch mit der Sorge, dass Impfgegner aus dem schlechteren Abschneiden der Totimpfstoffe Diphtherie, Tetanus und Polio in Aabys Arbeiten ableiten würden, dass Impfungen generell abzulehnen seien. Hier zeigt es sich erneut, wie wichtig es ist, Schaden und Nutzen von Impfungen sorgfältig gegeneinander abzuwägen und eine tragfähige Risikorelation abzuleiten.

Im Film wird es jedoch so dargestellt, als sei es quasi nach dem Stand eigentlicher Forschung, also nach wissenschaftlichem Konsens, gefährlich, gegen Polio, Keuchhusten oder Tetanus zu impfen.  Diese Aussage halten wir für fatal und sie stellt letztlich eine Bestätigung der eben erwähnten Befürchtungen der WHO dar – leider.

Zu Aabys Forschung ein Artikel bei Spegel online von Nina Weber:
https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/eingeimpft-peter-aaby-was-sind-unspezifische-effekte-von-impfungen-a-1225184.html

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